Die psychische Struktur

Dynamik, also Bewegung, benötigt einen mehr oder weniger festen Grund – so die Vorstellung aus der klassischen Physik. Bei Glatteis kommen wir nicht recht voran, weil der feste Antritt fehlt bzw. nach hinten auf der Glätte entgleitet.

Statik und Dynamik

Schon S. Freud hatte nach Modellen gesucht, die helfen, die Psychodynamik von Verdrängung und Widerstand nachzuvollziehen. In immer wieder neuen Anläufen, d. h. auch mit neuen Vorschlägen und Vorstellungen, ging S. Freud den Spuren des Unbewussten und dem Bewusstseinsdunkel nach. So zeichnete er zunächst das räumliche Modell (Topik) von „unbewusst, bewusst und vorbewusst“, später dann ergänzend die 2. Topik von „Es, Ich, Über-Ich“.


Psychisches Strukturniveau

Psychische Struktur meint die innere Fähigkeit, im Denken, Handeln und Fühlen/Erleben eine sichere Beziehung zu sich selbst und anderen auch in einem schwierigen konflikthaften Umfeld zu bewahren.

Die zweite und dritte Generation der PsychoanalytikerInnen fokussierte den Blick auf frühe Beziehungen, die internalisiert (verinnerlicht) werden und das spätere psychische Geschehen, das Beziehungserleben und die Persönlichkeitsentwicklung stark prägen (Objektbeziehungstheorie). Auch die Frage, wie sehr es guter und sicherer Beziehungserfahrungen bedarf, um zu einem „Selbst“ und zu einer gefestigten psychischen Struktur zu finden (Selbstpsychologie), wurde zentral.

Mit Bezug zu diesen Ansätzen, aber auch im Rückgriff auf S. Freud, formulierte dann später O. Kernberg ein höheres, mittleres und niedriges Strukturniveau, um auch schwere psychischen Störungen beschreiben und behandeln zu können. Moderne psychoanalytische Diagnostik fragt somit nach den Fähigkeiten zur Selbstwahrnehmung, Selbststeuerung, Abwehr, Objektwahrnehmung, Kommunikation und Bindung – moderne Psychoanalyse wendet sich damit der Möglichkeit zu, verfestigte Strukturen zu verändern und auch schwerere, etwa psychotische Störung zu verändern bzw. zu heilen.


In der französisch-sprachigen Tradition der Psychoanalyse, die stärker an S. Freud orientiert blieb, wird kritisch gegenüber den strukturalen Ansätzen daran erinnert, dass die psychischen Strukturen so fest nicht sind (M. de M’Uzan): Erfahrung von Depersonalisation und Entgrenzung widerfahren uns im Leben wie in der Therapie als Schrecken, aber auch als Kreativität, wobei wir immer auf unsere Körperlichkeit zurück geworfen werden.