Wege zur psychotherapeutischen Praxis: Der Grundkurs

In jedem therapeutischen Gespräch finden Übertragungen, Lernabläufe, tranceartige Szenen, Umgang mit Ressourcen und soziale Prozesse statt. Auch besteht die Möglichkeit, im Gespräch biographisch traumatische Erfahrungen zu berühen.

Die unterschiedlichen therapeutischen Schulen nutzen das Geschehen von therapeutischen Gesprächen in unterschiedlicher Weise:

  • Die Psychoanalyse und die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie reflektieren frühe Prägungen und besondere biographische Erfahrungen, die in der Psychodynamik lebendig bleiben und sich im Gespräch übertragen.
  • Die Verhaltenstherapie fokussiert das ständige - produktive wie auch hinderliche - Lernen, das menschliches Verhalten, Denken und Fühlen laufend prägt.
  • Die humanistischen Verfahren nehmen zentral die Ressourcen in den Blick, die menschliches Dasein ermöglichen.
  • Die Hypnose nutzt tranceartiges Geschehen, welche auf besondere Weise Zugang zu Ressourcen eröffnet.
  • Die systemische Therapie inklusive dem systemischen Stellen greift die Erfahrungen und Dynamiken auf, die in primären (Familie) und weiteren sozialen Feldern wirken.
So werden im ersten Teil des Praxiskurses Methodenteile der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie, der Verhaltenstherapie, Hypnotherapie, humanistischer Verfahren, der Traumatherapie sowie der systemischen Psychotherapie vermittelt und eingeübt. Im Fokus steht dabei die Behandlung von leichteren Formen von Angst, Zwang und Depression sowie bleibender guter Kontakt zum Patienten oder zur Patientin.

Für die unterschiedlichen Therapie- bzw. Beratungsphasen wird der flexible Einsatz von Interventionstechniken in Klein- und Lerngruppen eingeübt.

Praxisgründung

Die Gründung einer psychotherapeutischen Praxis ist häufig von vielen Fragen begleitet, die verunsichern und blockieren können. Dabei sind nur wenige, grundlegende Dinge zu beachten:

  • Die Berufsbezeichnung wird vom Prüfungsamt bzw. Gesundheitsamt mitgeteilt. Der Titel Psychotherapeut/in ist nur approbierten Psychotherapeuten vorbehalten, Heilpraktiker/in für Psychotherapie sollten im Außenauftritt (Praxisschild, Briefkopf) auf das Heilpraktikergesetz hinweisen, um rechtssicher zu handeln.
  • Gegenüber dem Gesundheitsamt genügt eine Mitteilung der Praxisadresse.
  • Gegenüber dem Finanzamt ist ebenso eine einfache Meldung ausreichend - zu empfehlen ist, zunächst die zukünftigen Einnahmen gering einzuschätzen, um Steuervorauszahlungen zu vermeiden. Die therapeutische Tätigkeit ist immer freiberuflich, nach Jahresschluß  ist eine eigene Einkommenssteuer-Erklärung einzureichen. Grundsätzlich sind therapeutische Leistungen von der Umsatzsteuer befreit (§ 19.4 UStG).
  • Gegenüber Ordnungs- und Bauamt bedarf es keiner Mitteilung. Bei höherem Patientenaufkommen gelten  - örtlich unterschiedliche - Sicherheitsauflagen (Feuerschutztüren o.ä.). Bei einer psychotherapeutischen Praxis jedoch, vor allem wenn diese gegründet wird, besteht keine Laufkundschaft, so dass die Praxis auch in der Privatwohnung eröffnet werden kann, sofern die Möglichkeit besteht, den Praxisraum vom Wohnraum zu trennen. Bei größerer Patientenzahl oder bei einem Praxisraum außerhalb der Privatwohnung würden die Praxisräume gewerblich genutzt, was im Mietvertrag evtl. zu berücksichtigen ist.
  • Das Praxisschild, die Werbung und der Internetauftritt sind frei gestaltbar, unlauterer Wettbewerb (etwa vergleichende Werbung) und Heilungsversprechen sind untersagt.
  • In einer Patientenkartei sind die persönlichen Daten des/r Patienten/in aufzuzeichnen einschließlich Datum und Anzahl der Sitzungen. Der/die Patient/in hat das Recht, Einsicht in diese Daten nehmen. Jenseits dieser Daten sind persönliche Notizen über den Gesprächsverlauf für eine seriös geführte Therapie nötig: Anrecht auf Einsicht in diese persönlichen Notizen besteht nicht. Der/die Therapeut/in unterliegt der (zivilrechtlichen) Schweigepflicht, die lediglich in Strafrecht aufgehoben werden kann.
  • Therapeutisch besteht Methodenfreiheit - eine gute Kenntnis und sorgfältige Anwendung der psychotherapeutischen Methodik ist dabei gefordert, nachweisbar durch regelmäßige Fortbildung und/oder der Lektüre von Fachbüchern. In jedem psychotherapeutischen Gespräch ist die Frage nach evtl. notwendigen medizinischen Untersuchungen/Behandlungen im Blick zu behalten.
  • In der Privatpraxis sind die Honorare für die Therapie frei vereinbar. In der Rechnungsstellung ist neben den üblichen Daten (vollständige Adressdaten, Rechungsdatum und -nummer, Steuernummer sowie Daten der Sitzungen) auch die Diagnose zu nennen. Private Krankenkassen übernehmen die Therapiekosten - je nach Vertrag - bis zu einer definierten Höhe und Dauer, wenn die jeweilige Gebührenordnung angegeben wird (GOÄ für Ärzte, GOP für psychologische Psychotherapeuten, GebüH für Heilpraktiker). Die Kostenübernahme durch die Krankenversicherung sollte durch den/die Patienten/in frühzeitig geklärt werden - häufig erbitten die Kassen einen begründeten Antrag durch den/die Therapeut/in.
  • Die Berufshaftpflichtversicherung ist in jedem Fall zu empfehlen - weitere Versicherungen als Selbständiger (Rente, Berufsunfähigkeit, Krankentagegeld usw.) können eventuell sinnvoll, sollten aber gegenüber dem Einkommen angemessen sein.
Im Lehrgang werden die wesentlichen Dinge zur Praxisgründung dargestellt und besprochen.


Krisenintervention

In den ersten Therapiestunden steht in der Regel die Krisenintervention im Vordergrund. Kriseninterventionen sind zugleich aber auch immer wieder während eines Therapieverlaufes Fokus einer Sitzung.

In der ersten Stunde kommt es wesentlich darauf an - wie auch in jedem psychotherapeutischen Gespräch -  schnell einen guten Kontakt zum Patienten oder zur Patientin zu finden. Zugleich ist es in den ersten Stunden wesentlich, - neben einer eingehenden Anamnese - früh einen Überblick über die Möglichkeiten des eigenen therapeutischen Angebots zu geben und diese transparent darzustellen. Zuweilen erlebt die Patientin / der Patient es als hilfreich und entlastend, wenn die Verdachtsdiagnose besprochen wird.

Kriseninterventionen gründen auf supportive und stützende Techniken, so unter anderem: 

  • die Krise und das Leid werden verstanden und mitempfunden.
  • die bisherigen Leistungen und Fähigkeiten, die Krise auszuhalten und zu tragen, werden gewürdigt.
  • frühere und aktuelle Ressourcen im Leben der Patientin / des Patienten werden erinnert und gestärkt.
  • gemeinsame kleine und kleinste nächste Schritte werden gemeinsam gesucht und besprochen, evtl. auch eingeübt.
  • ein weiteres Gespräch wird vereinbart, evtl. auch die Erreichbarkeit der Therapeutin / des Therapeuten bis zum nächsten Gespräch.